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Aus dem Jahrbuch 1921

Ein eigenartiger Krankheitsfall.

An das Malojaroslawetzer Gcbiets-Amt vom Schulzen-Amte
I. Fere-Champenoise. ( B e r i c h t . )
Einem Gebiets Amte beehrt sich das
Schulzenamt gehorsamst zu berichten, daß
der hiesige Kolonist, Waise Gottlieb Reich,
alt 20 Jahre, bereits sieben Wochen
weder gegessen noch getrunken, was, ein
allgemeines Wundern und Staunen erregt.
Derselbe klagte schon zur Erntezeit
vorigen Jahres jlbcr grenzenlose Mattigkeit
seiner Arme und Btine. I m Herbst
fing er an von sich zu sagen, er sei ein
von Gott und Menschen verlassener Mensch.
Noch später sagte er, er s« ein elender
Sünder, der nicht wert sei, daß ihn die
Erde trage, er verdiene seinem Meister!
nicht das Brot welches er esse. Er ist!
nämlich ein Tischler nnd Arbeitete bei
einem Tischlermeister Hieselbst als Geselle.
Bis dahin arbeitete er immer noch
bei seinem Meister. Vor vier Monaten
nahm ihn sein Schwager David Schuhmacher
zu sich, brachte ihn zu Jemand,
der ihn 14 Tage ärztlich behandelte,
wonach es besser mit ihm geworden zu
sein schien, aber nur ganz kurze Zeit,

worauf es wieder übler mit ihm wurde.
Aß er etwas, so brach er es bald
wieder ab, und nur der gewöhnliche Tee
wurde von ihm ertragen.
Endlich aber auch dieser nicht mehr,
so daß er, wie gesagt, seit sieben Wochen
weder ißt noch trinkt.
I n diesen sieben Wochen hat er
auch kein einziges Wort gesprochen. Merkt
auch weder ans Rufen noch Klopfen.
Das Auge ist klar, sieht jedoch
meistens zur Erde nieder. Der Puls ist
ungewöhnlich schwach. Bisher hat er gewöhnlich
gesessen, nun aber liegt er mehr.
Früher schlief er des Nachts sehr wenig,
seit kurzer Zeit schläft er zieMch gut.
Sein Körper hat nur sehr wenig abgenommen.
Es wird der Umstand dieses
armen, unglücklichen Jünglings deshalb
berichtet, vielleicht - findet ein Gebiets Amt

nötig solchen höheren Art« zur
Kenntnis gelangen zu lassen.
Schulz: G e h r i n g,

Beisitzer S c h u l z Nr. 36 ,

Beisitzer K n o d e l .
 

den 26. Jan. 1866, I.Fere-Champenoise.
 

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